Besichtigung der Gemeinde Dentlein durch den Bezirksarzt im Jahre 1925


Der Bezirksarzt der damaligen Zeit ist vergleichbar mit einem Arzt des Gesundheitsamtes heute. Die Aufgaben des Bezirksarztes der damaligen Zeit unterscheiden sich von denen eines Amtsarztes heute gar nicht so sehr.

Die Tätigkeiten eines Bezirksarztes umfasste u.a. folgende Bereiche: Aufgaben der Gesundheitspolizei, der gesundheitlichen Volksbelehrung, der Schulgesundheitspflege, der Kinder- und Mütterberatung, der Fürsorge für Tuberkulöse, für Geschlechtskranke, körperlich Behinderte, Sieche und Süchtige.

Daneben war er zur Mittwirkung bei Maßnahmen zur Förderung der Körperpflege und Leibesübungen verpflichtet und musste amts-, gerichts- vertrauensärztliche Aufgaben wahrnehmen.

Die regelmäßige Visitation (Besichtigung/Kontrolle) der Gemeinden und der dort tätigen Gewerbetreibenden, Schulen und von sonstigen öffentliche Einrichtungen gehörten zu den Routinetätigkeiten eines Bezirksarztes.

In einem Protokoll einer Besichtigung der Gemeinde Dentlein des damaligen Bezirksarztes Dr. Glenk aus dem Jahre 1925 lesen wir:


„Bei den Gemeindebesichtigungen der letzten Zeit ergaben sich folgende Beanstandungen:1) in Dentlein (29.10.1925)

a) in den beiden Sälen der Schule fehlt das Thermometer

b) die Schulbänke sind alt und unzweckmäßig; sie sind allmählich zu erneuern

c) im Schulabort befindet nur 1 Sitzabort für Knaben; auf je 40 Knaben muss ein Sitzabort treffen

2) In der Spezerei- und Mehlhandlung von Bögelein stehen 3 Mehlsäcke im Hausflur. Der Deckel der Mehltröge, der anscheinend nie geschlossen wird, ist mit alten Spinnweben bedeckt. Die Schubläden sind zum Teil unsauber und voll Spinnweben. In einer Schublade sind getrocknete Zwetschgen, die schimmelig sind und sauer riechen. Die Beseitigung wird angeordnet. Am Fenster steht unter anderen Flaschen eine größere Flasche mit … (?) Aus der offenbar verkauft wird. Die Geschäftsinhaberin ist nicht zu Hause. Der Geschäftsinhaberin ist zu eröffnen, dass sie auf größere Reinlichkeit sehen muss, dass die Aufbewahrung von Mehl im Hausflur nicht statthaft ist, dass sie nicht berechtigt ist Bysol (?) zu verkaufen.
(Anmerkung: Als Spezereien werden Gewürze und andere Spezialitäten aus Übersee, also den Kolonien bezeichnet. Dazu gehören vor allem Gewürze, Zucker, Kaffee, Tee, Kakao, Tabak, Reis, Mandeln, Rosinen etc.)

3) Auch in der Spezereihandlung von Binder lässt die Reinlichkeit, besonders in den Schubladen, zu wünschen übrig. Dem Binder ist zu eröffnen, dass er in seinem Geschäft auf peinliche Reinlichkeit und Ordnung zu achten hat.

4) In der Pinselfabrik von Mueller werden die Kleider der Arbeiter im Arbeitsraume aufbewahrt und fehlt die Waschgelegenheit. Kleiderablagen und Waschgelegenheit sind zu schaffen

5) In der Metzgerei Sindel ist die Ableitung der flüssigen Abfälle aus dem Schlachtraum in Ordnung. Gerade bei der Besichtigung wird aber ein Schwein vor dem Schlachtraum geschlachtet. Die flüssigen Abfälle liefen offen über die Straße. Dies ist unzulässig. Sindel ist zu verwarnen.

6) Die Schrankdrogerie bei Deffner ist sehr schlecht imstande. Die Schubladen sind großenteils leer, teilweise mit Spinnweben und Staub bedeckt. Der Inhaber ist zu größerer Ordnung und Reinlichkeit anzuhalten. Der Rat zur Abmeldung wird im erteilt.

7) In der Schule in Grossohrenbronn dürfte die Reinlichkeit größer sein. Die Böden bedürfen neuer Ölung, das eiserne Brunnenrohr des Schulbrunnens ist gesprungen, das Wasser läuft in den Hof und zum Teil in den Brunnen zurück. Das Rohr ist autogen schweißen zu lassen.

8) In der Pinselhaarzurichterei von Heyer in Schwaighausen hat sich bezüglich der Reinlichkeit nicht viel gebessert. Die Waschgelegenheit für Arbeiter fehlt noch immer. Dem Heyer ist zu eröffnen, dass gegen ihn mit Zwangsmaßnahmen vorgegangen werden wird, wenn nicht alsbald für mehr Reinlichkeit in seinem Geschäft gesorgt wird. Die Waschgelegenheit für die Arbeiter ist nun alsbald zu schaffen.
(Anmerkung: Das Anwesen Heyer gehörte zur damaligen Zeit noch zur Gemarkung Schwaighausen. Es wurde auf Wunsch von Herrn Richard Heyer im Jahr 1927 aus Schwaighausen nach Großohrenbronn ausgemarkt.)

17. Dezember 1925
Dr. Glenk, Bezirksarzt“



Dieser Bericht ging an die Gemeindeverwaltung, die dafür zu sorgen hatte, dass die Mängel beseitigt werden.

Mit Schreiben vom 7. März 1926 berichtet die Gemeinde Dentlein an Bezirksarzt Doktor Glenk über die Maßnahmen zum Abstellen der festgestellten Mängel.