Der Nachtwächter von Dentlein


Nicht nur in Dinkelsbühl oder Rothenburg gab es früher einen Nachtwächter, auch Dentlein hatte einen.

Der Nachtwächter war ausgestattet mit einem Spieß, einer Laterne und einem Horn. Bei seinem Rundgang musste er die jeweilige Stunde ausrufen, ausbrechende Brände melden oder einen Diebstahl vereiteln. Das Horn sollte der Nachtwächter nur benutzen, wenn Feuer ausbricht oder wenn er persönlich angegriffen wird.


Sein Ruf lautete je nach der jeweiligen Uhrzeit:

Hört ihr Leut und lasst euch sagen,
unsere Glock hat 12 geschlagen,
löscht das Feuer und das Licht,
dass unserm Haus kein Schad geschieht.


Die Wahl des Nachtwächters erfolgte üblicherweise von der Ortsobrigkeit und dem Gemeindeausschuss. Zur Nachtwache durften nur anerkannte, sittliche, besonders dem Trunke nicht ergebene, gesunde und rüstige Personen angenommen werden. Jeder Nachtwächter musste bei seinem Rundgang mit einem Spieß bewaffnet sein.


Einem Schriftstück vom 29.12.1863, das im Staatsarchiv in Lichtenau aufbewahrt wird, ist zu entnehmen, dass die Gemeindeversammlung - das entspricht dem heutigen Gemeinderat - beschloss auch im nächsten Jahr wieder die „Lautnachtwache“ an den Wenigstnehmenden
(= Kostengünstigsten) zu vergeben, mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass der Nachtwächter zu jeder vorgeschriebenen Stunde rufen und bei Gefahr in sein Horn blasen musste. Sein Rundgang und die Plätze an denen er rufen musste waren vorgeschrieben. Er war nur für den Ort Dentlein, nicht für die Außenorte, zuständig. Zuwiderhandlungen von Seiten des Nachtwächters wurde zur Anzeige gebracht und entsprechend dem damaligen Polizeistrafgesetzbuch bestraft.

Die „Ausschreibung“ des Postens erfolgte durch den Gemeindediener, der dies öffentlich ausrief. 1864 wurde wieder der bisherige Nachtwächter Friedrich Hartnagel. Die Entlohnung betrug 35 Gulden für ein Jahr.

Friedrich Hartnagel hatte also auch schon vorher als Nachtwächter gearbeitet. Seit wann es in Dentlein einen Nachtwächter gab lässt sich aus den vorhandenen Unterlagen leider nicht feststellen.



Nachdem dem bisherigen Nachtwächter Hartnagel der Posten erneut zugesprochen war, wurde er vom Gemeindeausschuss vorgerufen, und ihm wurden seine Aufgaben und Bestimmungen vorgelesen und er erklärte seine Zustimmung zu diesen Verpflichtungen mit Unterschrift. Unter anderem verpflichtete er sich als Nachtwächter das ganze Jahr hindurch zu den vorgegebenen Stunden an den vorgegebenen Plätzen im Dorf auszurufen und zu blasen. Es gab also damals schon einen schriftlichen Arbeitsvertrag für diesen Posten.

Am 21.12.1864 wurde der Vertrag für Friedrich Hartnagel um ein weiteres Jahr verlängert. Die Besoldung wurde auf 54 Gulden erhöht. Der Nachtwächter selbst musste sein Gehalt, das er in 2 Jahreshälften bekam, von den Familien im Dorf selbst einheben.

Mit Schriftstück vom 30.1.1891, unterzeichnet von dem damaligen Bürgermeister Binder, wurde dann die Nachtwache aufgehoben.

Das Ende des Nachtwächters in Dentlein war allerdings nicht ganz unumstritten.

Am 4.2.1891 kam der Gemeindeausschuss zusammen. Es wurde die eine Nachtwache in Dentlein verfügende bezirksamtliche Anordnung vom 8. Januar 1891 bekannt gegeben und dagegen Beschwerde an die Königliche Regierung erhoben. Die Antwort erfolgte postwendend am 8.2.1891 mit dem Tenor: die Nachtwache in Dentlein soll fortbestehen und der Gemeindeausschuss hat das erforderliche Personal aufzustellen.

Der Gemeindeausschuss stellte jedoch in einem Bericht vom 13.2.1891 fest: Der Sicherheitszustand des Ortes Dentlein ist im Allgemeinen ein guter, nachdem seit dem 29. März vorigen Jahres kein Diebstahl mehr vorkommen ist und seit dem Jahr 1884 es auch keinen Brand mehr gab. Es dürften daher in Bezug auf die öffentliche Sicherheit keine Bedenken an der vorläufigen Einstellung der Nachtwache in Dentlein bestehen.

Es ist daher anzunehmen, dass es seit dieser Zeit in Dentlein keine Nachtwächter mehr gab. Der Nachtwächter drehte seine letzte Runde in Dentlein also im Ende 1890.

Sieglinde Fees, Hans Mose